Kunst und kommerzieller Erfolg in Zeiten von NFT

Kunst und kommerzieller Erfolg in Zeiten von NFT
No Passage

Das Konzept der NFT (Non Fungible Token) halte ich persönlich für äußerst interessant. Kunstwerke hatten und haben immer einen ideellen und somit eher abstrakten Wert, der sich nur schwer mit »barer Münze« erfassen lässt. Spekulationen, Hypes, Trends und eine zutiefst spekulative Bewertung von Kunstwerken durch namhafte Galeristen oder Auktionshäuser sind ebenfalls keine neuartigen Erscheinungen im Kunstmarkt.

Als vor gut hundert Jahren abstrakte Kunstwerke auftauchten, die keine sichtbaren oder greifbaren Gegenstände der realen Welt mehr abbildeten, waren die ersten Reaktionen mehr als zurückhaltend. Insofern verwundern aktuelle Kritiken zum Thema NFT nicht, die die digitalen Kunstwerke verpönen, darauf hinweisen, dass doch alle Kunstwerke mehrfach kopiert werden können und man doch nichts Greifbares in Händen hält, beziehungsweise im Safe lagern kann. Kurz und knapp – Diese ganzen Kritiken sind alle Mumpitz. Ein NFT im Zusammenhang mit Kunst ist meines Erachtens die konsequente Fortführung einer Betrachtung und Bewertung von Kunstwerken aus der stofflichen, haptischen, analogen Welt in eine digitale. Abstrakte Kunstwerke insbesondere Gemälde, Skulpturen und Vergleichbares sind immer noch »greifbar« – Sie können in einem Raum der analogen Welt präsentiert werden, treten mit diesem Raum in Verbindung und ermöglichen den Betrachtenden eine »reale« Erfahrung respektive Sinneswahrnehmung; Salopp formuliert. Sie können solche abstrakten Kunstwerke an die Wand hängen oder in den Flur stellen.

Es scheint uns schwer zu fallen, von Kunstwerken zu sprechen, wenn sich diese unseren gewohnten Betrachtungen und Erfahrungen entziehen. Dabei ist eine andere Gattung von Kunstwerken schon längst auf einem sehr hohen Grad der Abstraktion, der Immaterialität und des „nicht fassen können“ angekommen: Was besitzen Sie, wenn Sie Musik kaufen? Ich rede hier nicht vom Medium, der Vinylplatte, der CD, dem Tape oder gar den (Original-)Notenblättern, sondern davon, wann Sie sagen würden, Sie besitzen(!) die Musik. Schwierig, nicht wahr? Und das Medium bei einem NFT? Streng genommen ist es nur eine Reihe von Zahlen und Ziffern und einem Token, welche in irgendeiner Datenbank und auf irgendeinem Server, korrekterweise in vielen Datenbanken und auf vielen Servern im digitalen, nicht fassbaren und somit nicht auf bekannte Weise erfahrbaren Raum liegen.

Alles in allem – Wa(h)re Kunst.
Doch mit diesem Wortspiel komme ich auf den weniger interessanten oder um es pathetisch zu formulieren, weniger schönen Teil der gesamten Angelegenheit zu sprechen: Die Kunst als Ware. Ich bin äußerst skeptisch was den sprunghaften Anstieg von Anbieter-Plattformen (Foundation, OpenSea, Ephimera etc.) angeht, finde es aber grundsätzlich gut und richtig, dass es diese Bestrebungen und Initiativen gibt, auch wenn es für Einsteiger:innen und sicherlich auch für Profis immer unüberschaubarer wird, wo sich ein Engagement lohnt und wo nicht. Ich habe in meinen 25 Internet-Jahren schon zahlreiche Plattformen kommen und gehen sehen und ich bin zudem absolut vorsichtig, was die Kopplung von NFT mit Kryptowährungen mit sich bringen kann. Der kommerzielle Erfolg von Kunst und ein »lukrativer Broterwerb« für die Künstler:innen, sollten nicht den undurchsichtigen Spekulationen einiger „Spezialisten“ beziehungsweise „Gründungsmitglieder“ von Bitcoin, Ether etc. und den extremen Währungsschwankungen wehrlos ausgeliefert sein. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Kunst im Allgemeinen und sehr viele Künstler:innen von dem Ansatz der NFT profitieren. Doch ich denke, es wird noch lange Zeit dauern, bis sich kommerzielle Erfolge, abgesichert durch eine breite Basis von Konsumenten, Sammlern, Galeristen etc. und stabilen Währungen ergeben. Aktuelle Erfolge erzielen vergleichsweise nur wenige Künstler:innen, die nur durch sehr frühe Einsteiger*innen und durch erfahrene Entwickler:innen von Kryptowährungen in den Genuss kommen, ihre Bitcoins und Ethers in »bare Münzen« zu verwandeln.

Vorsicht, nicht Ablehnung, ist geboten und bis auf weiteres der mühevolle Gang über die »klassischen«, analogen wie digitalen, Publikations- und Vertriebswege.